Martin Heidegger lesen, heisst, das eigene Denken in Bewegung zu setzen. Seine Bücher bleiben eine Reise ins Unergründliche der Menschheit.
Martin Heidegger soll mehrfach ge- sagt haben, sein Leben sei «völlig uninteressant». Das ist nicht sein einziger Irrtum gewesen. Denn die Energien seines Denkens speisen sich aus seinem Leben und den Zeitumständen, in die dieses Leben verflochten ist. Heidegger wurde 1927 weltweit berühmt mit seiner ersten Buchveröffentlichung: «Sein und Zeit». In den seitdem vergangenen fast hundert Jahren ist Heidegger zu einem deutschen Mythos geworden; nicht anders als die Nibelungen, Luther oder der «kategorische Imperativ». Wie lebendig der Mythos geblieben ist, zeigte die Publikation seiner inzwischen noto- rischen «Schwarzen Hefte» im Jahr 2014. Deren wenig spektakuläre Enthüllung, dass Heidegger sich antisemitisch geäussert hatte, konnte noch fast vier Jahrzehnte nach seinem Tod eine Erregungswelle in der deutschen Feuilleton- Öffentlichkeit auslösen.